Radtour mit Baby und Kleinkind auf dem Nordseeküstenradweg in den Niederlanden – Zuid und Noord Holland

Die Fahrt nach Rotterdam verläuft tadellos. Die Kinder, die wir mitten in der Nacht wecken mussten, schlafen im Auto schnell wieder ein. Ich selbst habe nur ein paar Stunden im Auto geschlafen, zuvor im Bett war mir das nicht möglich gewesen. Gegen 7.30 Uhr erreichen wir Rotterdam und unser Erstgeborener wacht langsam auf. Die Stadt ist riesig und wir haben Schwierigkeiten uns zu orientieren. An einer Tankstelle halten wir deshalb an. Unser Großer muss auf die Toilette und seine kleine Schwester wird gerade wach. Wir suchen den städtischen Campingplatz und finden ihn wider Erwarten recht schnell. Eigentlich gedachten wir hier unseren Wagen abzustellen, doch die „nette“ Dame an der Direktion wehrt ab (Das sei doch hier eine Großstadt, und sie übernimmt keine Verantwortung.).  Als ich dann noch die Milchflasche meiner kleinen Tochter in einem Waschbecken auswasche, weißt sie uns „freundlichst“ daraufhin, dass dies  – sofern wir hier nicht übernachten – nicht  gestattet sei. Von so viel „Herzlichkeit“ sind wir schockiert und ziehen enttäuscht von Dannen. So haben wir uns den Start in Zuid Holland nicht vorgestellt. Wir verlassen Rotterdam gen Westen und versuchen außerhalb der Stadt einen geeigneten Platz zum Satteln unserer „Pferde“ zu finden. Das erweist sich anfangs als schwierig. Wir müssen mit unserem Bus fast bis zur Küste fahren. Die Kinder sind verständlicherweise nicht mehr so gut gelaunt. Kurz vor der Ortschaft Hoek van Holland finden wir einen Platz, an dem wir auch noch frühstücken können. Die Sonne kommt nur spärliche hinter den Wolkenbergen hervor. Dennoch müssen wir zufrieden sein, dass unsere Reise nicht mit Regen beginnt. Das wäre das letzte, was ich heute noch gebrauchen könnte. Die Kinder spielen eifrig mit der Ausrüstung und wir Erwachsenen versuchen alles irgendwie unterzukriegen, was am Anfang einer Reise immer etwas schwierig ist. Meist findet sich erst während der Fahrt der geeignete Platz.

Aller Anfang ist schwer

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Einzelne Lichtblicke der ersten Reisetage

Gegen 10 Uhr sind wir endlich startklar. Unsere Kleine erreicht pünktlich ihren Tiefpunkt und schläft auch ohne große Probleme im Anhänger ein. Mir fällt ein Stein vom Herzen. Der Große hat auf unserem neuen Tandem großen Spaß. Voller Aufregung entdeckt er auf seinem Thron alles Mögliche und vergisst dabei, dass er eigentlich ein wenig mittreten soll. Daran müssen wir noch arbeiten. Wegen der anstrengenden Nachtfahrt fahren wir heute nur bis zur Mittagszeit. Einige Kilometer hinter der Ortschaft »Monster« steuern wir den nächsten Campingplatz an. Dort heißt es lakonisch, dass belegt sei und auf die Frage, ob denn auch wirklich für ein kleines Zelt kein Platz mehr wäre, werden wir kurzerhand auf einen fünfzehn Kilometer entfernten Platz verwiesen. Und wenn dieser auch voll ist? Auf diese Frage weiß die genervt wirkende Dame hinter dem Tresen leider keine Antwort. So etwas haben wir in all unseren Reisejahren noch nicht erlebt. Einen kleinen Platz haben wir bisher immer bekommen, selbst ohne Kinder. Enttäuscht fahren wir zurück nach »Monster«. Dort gibt es einen Campingplatz, der uns beim ersten Vorbeifahren jedoch nicht gefallen hat. Jetzt müssen wir dennoch unser Glück auf diesem Platz versuchen, der eher nach Pfadfindertagungsort aussieht. Nachdem wir unser Zelt am Rande der Zeltwiese aufgestellt haben, fängt es an zu regnen. Die Kinder finden es noch irre lustig auf uns herumzuturnen, während wir versuchen den verpassten Schlaf der letzten Nacht nachzuholen.

Die Nacht wird eine mittlere Katastrophe. Baby Clara wird immer wieder wach, schreit und kommt überhaupt nicht mehr zur Ruhe. Zu allem Überfluss muss sie auch noch gewickelt werden. Das alles ist ja auch kein Wunder, denn die Jugendlichen auf diesem Platz nehmen überhaupt keine Rücksicht auf uns, und eine Nachtruhe scheint es hier nicht zu geben, oder es interessiert niemanden.

Übernächtigt schäle ich mich am nächsten Morgen aus dem Schlafsack. Wenigstens das große Kind hat heute Nacht gut geschlafen und von dem ganzen Drama um das Baby nichts mitbekommen. Bei herrlichem Sonnenschein und angenehm warmen Temperaturen radeln wir Richtung Den Haag.

Der Nordseeküstenradweg ist als solche nicht immer ausgeschildert. Sie verläuft auf den unterschiedlichen Nationalrouten, welche ihre eigene Beschilderung haben. Mit ein bisschen Übung findet man sich allerdings gut zurecht.

Die Westküste von Zuid und Noord Holland

In Katwijk van Zee beenden wir den zweiten Radeltag. An der Rezeption des Campingplatzes falle ich fast aus allen Wolken, als der nette junge Mann glatt 30 € für eine Übernachtung im Zelt haben möchte. Mit einem Campingbus wäre es nicht teurer gewesen, weil man hier an der Küste pro Platz (Parzelle) und nicht nach Gefährt oder Personenanzahl zahlt. Ich bin entsetzt, sage es ihm und ernte Unverständnis. Für die Duschen muss man natürlich extra bezahlen und das Kinderbad kostet auch noch etwas.

Schönes Haus in Alkmaar
Schönes Haus in Alkmaar

Dieser Urlaub entwickelt sich langsam zum Alptraum. Clara war die zweite Nacht in Folge wach. Wir zelteten genau unter einer grell leuchtenden Straßenlaterne. Das arme Kind ist völlig aus dem Ruder. Am Morgen fängt es fürchterlich an zu regnen. Wir beschließen zerknirscht den Bus zu holen. Mein Mann fährt bei strömendem Regen mit dem Fahrrad zurück. In der Zwischenzeit versuche ich zwei Kinder in einem 3-Mann-Zelt zu belustigen. Für solche Fälle haben wir immer geeignetes Spielzeug dabei. Leider kann Clara mit Gesellschaftsspielen, wie »Memory«, noch nicht allzu viel anfangen und mischt munter die Karten. Paul findet das auch lustiger und fängt seinerseits an die Karten durch das Zelt zu feuern. Das ganze endet in einer wilden Schlafsackschlacht. Die Kinder juchzen vor Freude. Irgendwann wir unser Baby müde. Es braucht dringend seinen Mittagsschlaf. Jetzt wird es aber schwierig. Ich hänge das Innenzelt zur Hälfte aus und baue ihr ein kleines Nest. Mein Großer und ich sitzen im Vorzelt und spielen das äußerst anstrengende Spiel Wer-kann-am-leisesten-Karten-spielen. Der Sieger bekommt Gummibärchen. Als der Regen nachlässt, stromern Paul und ich über den Campingplatz.

Gegen Mittag ist mein Mann mit dem Bus zurück. Ginge es nach mir, so könnten wir heute schon wieder nach Hause fahren. Doch so schnell geben wir nicht auf. Der Regen treibt uns weiter in den Norden nach Alkmaar. Es ist eine nett anzusehende, holländische Kleinstadt. Bei dem starken Regen allerdings hält sich die Freude, durch die Gassen zu schlendern, in Grenzen.

Am Abend werden wir am Campingplatz schon wieder abgewiesen. Schließlich landen wir auf einem schönen Platz namens »Molegroet« nördlich von Alkmaar. Hier wollen wir den Regen aussitzen und auf besseres Wetter warten.

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