Mountainbiking mit Kind und Jugendlichen im Wilden Westen des Ostharzes


Mittelsteine an der Teufelsmauer

Ein Beitrag von Volker Otter

Was Bilder alles so bewirken können: Die Mittelsteine im Bodetal in einer Bike-Zeitschrift waren der Auslöser für unser Wochenend-Kurzabenteuer im Ostharz. Und wenn Thale nicht am Eingang der Bodeschlucht liegen würde, wer würde um Himmels Willen dorthin fahren? Wir mit unserem Kind (11) und Jugendlichen (15). Was wir zuerst tun? Das, was alle machen, wir wandern in die Bodeschlucht hinein, je tiefer, desto weniger Menschen treffen wir (ja, es sind immer noch genügend…). Aber das ist egal, der rauschende Fluss lässt uns in Deutschland und auf Korsika gleichzeitig sein, wilde Tobel, steile Wände, üppiges Grün. Könnte man dort nicht von dem Felsen in die Fluten springen? Flusswandern, wie auf Korsika? Sieht genauso wild aus.

Wilde Bodeschlucht

Am Abend bereiten wir uns auf unsere morgige Tour vor.

Teufelsmauer und Wild West in den Thekenbergen (44 km, 470 hm)

Gute Grundkondition und vernünftige Fahrtechnik sind von Vorteil, Achtung die Trails sind nicht immer gut ausgeschildert.

Teufelsmauer-Hamburger Wappen

Von Thale geht es moderat auf gut ausgebauten Wegen nach Timmenrode und von dort schnell zum ersten Highlight, dem Hamburger Wappen. Denen, die es können, bietet der griffige Sandstein der Felsenpartie hier viel Fahrspaß, wie auf einem Spielplatz für Mountainbiker. Wer’s lieber ruhig mag, kraxelt ein wenig und genießt die tolle Aussicht. Wir folgen dem engen Teufelsmauerstieg, auch hier gilt: Man sollte vorher schon einmal auf dem Mountainbike gesessen haben. Der Trail ist z.T. recht ruppig mit kurzen steilen Passagen. Unser Jüngster zieht das Schieben immer wieder vor, während unser Jugendlicher seine Kraft einsetzen kann. Zum Schluss weichen wir auf die Straße aus, die uns nach Blankenburg führt. Man könnte aber auch den Pfad am nördlichen Rand des Waldes nehmen.

Thekenberge-schmale Trails

Hinter Blankenburg erwartet uns ein kleiner Tiefpunkt. Das Wetter wird kühl, es windet, wir haben anscheinend eine Abfahrt verpasst und tasten uns nun an der tristen Bundesstraße 81 (zum Schluss ohne Radweg) über die Bundesstraße 6 hinüber, bis wir – wie ein gehetztes Tier – endlich auf dem nahen Wanderparkplatz landen und entspannen können. Wieder in den Wald eintauchen auf angenehm schmalen und weichen Waldwegen.

Trailerlebnis

Wir folgen dem landschaftlich äußerst reizvollen und weitem Goldbachtal bis Langenstein und schauen uns hier die Höhlenwohnungen an, die in den Sandstein geschlagen sind und zum Teil bis ins letzte Jahrhundert hinein bewohnt waren. (kaum zu glauben)

Höhlenwohnung in Langenstein

Von Langenstein ist es nicht mehr weit bis zum Gläsernen Mönch und dem Einstieg in die Thekenberge. Hier beginnt ein weiteres Highlight der Tour. Zunächst werden wir aber mit der deutschen Geschichte konfrontiert: Die Nationalsozialisten ließen von 1944 bis 1945 Zwangsarbeiter in Arbeits- und Konzentrationslagern mit primitivsten Mitteln Stollen in die Thekenberge treiben, um der Rüstungsindustrie sichere Produktionsorte zu sichern. Über 2000 Menschen kamen hier zu Tode. An den Abraumhalden im Wald fahren wir vorbei. Dann ändert sich die Landschaft langsam. Sie wird offener, sandiger, fast dünenhaft, Heide, Sandstein, Höhenrücken, Magerrasenflächen. Viele herrliche Trails führen durch diese Landschaft, die mich teilweise an Utah in den USA erinnert. Weite Flächen des ehemaligen Truppenübungsplatzes erstrecken sich bis Halberstadt und locken für ein nächstes Mal. Jetzt locken aber die offenen Teile der Thekenberge: Steile Abfälle, schmale und knifflige Passagen entlang an Abbruchkanten, dann wieder weiche Wiesentrails.

Thekenberge Wiesentrail

Wer die kniffligen Passagen umfahren möchte, was wir auf einigen Abschnitten mit unserem Jüngsten machen, kann dies über die Magerrasenflächen tun. Langsam nähern wir uns Quedlinburg mit seiner herrlichen Altstadt. Wird auch allerhöchste Zeit, da die Batterien unseres Jüngsten anfangen leer zu brennen: da ist ein leckerer Eisbecher mehr als fällig. In der Nachmittagssonne fahren wir auf schmalen Pfaden direkt an der Bode entlang zurück nach Thale. Wir streifen die spektakulären Mittelsteine der Teufelsmauer und sind ein ums andere Mal beeindruckt von der Schönheit, Leere und Weite der Landschaft, ein schöner Ausklang einer tollen Tour, verschwitzt, zerkratze Beine, dreckig. So muss es sein!

Mittelsteine an der Teufelsmauer

Und wer noch nicht genug hat, kann mit dem kostengünstigen Sessellift samt Bike nochmal schnell auf die Rosstrappe fahren und sich den letzten Kick auf der Downhillstrecke holen, lohnt sich, aber bitte nur für Geübte!
Und morgen? Fahren wir noch einmal nach Quedlinburg und die Mittelsteine, weil’s so schön war.
Wer würde um Himmels Willen nach Thale fahren? Wir!

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