Interview mit Michael Feigel von WAFI – über das Klettern mit Kind

Wanderführer und Kletterer Michael Feigel
Wanderführer und Kletterer Michael Feigel

wanderspuren: Michael, du bist begeisterter Wanderer, Kletterer, sehr naturverbunden, Grundschullehrer und Vater einer vierzehnjährigen Tochter. Ist es dir gelungen eine oder mehrere deiner Leidenschaften an deine Tochter weiterzugeben?

Michael: Ich war und bin eigentlich schon immer viel draußen unterwegs gewesen. Durch meine Eltern und Großmutter kenne ich dies nicht anders. So ist auch Laura aufgewachsen und das ist es meines Erachtens, was man seinen Kids oder Schülern mit auf den Weg geben oder zumindest den Grundstein dafür legen sollte: Erlebnisse und Abenteuer in der Natur.

wanderspuren: Wie muss man sich eure Wandertouren – Zuhause oder im Ausland – vorstellen. „Wenn der Vater mit der Tochter ….“, oder wer gibt unterwegs den Ton an?

Michael: Es sollte ein gesunder Mittelweg sein, bei dem man sich natürlich beinahe blind auf den anderen verlassen kann. Dies ist keine Entwicklung innerhalb von Wochen, sondern über Monate und Jahre gewachsen. Aber um ehrlich zu sein, ist dann doch Laura am Berg die Chefin und dies schon seit Jahren…

wanderspuren: Gemeinsam habt ihr fast ein Jahr auf der Kanareninsel Teneriffa gelebt. Wie kam es dazu und was waren eure Beweggründe für diesen Ausstieg auf Zeit?

Michael: Es war jedenfalls kein Urlaub, sondern die Förderung durch ein EU-Projekt, die mir die Option gab, ein Jahr in der Erwachsenenbildung tätig zu sein. Ich bin zwar ausgebildeter Grundschullehrer und einer der wenigen Männer in einem mittlerweile von Frauen dominierten Beruf, jedoch ist die Anstellung deswegen nicht leichter. Zur Überbrückung unterrichtete ich zwei Jahre an einer Berufsschule, wodurch ich allerdings die Chance zur Bewerbung auf eine Grundtvig-Assistenzstelle erhielt. Völlig unerwartete wurde ich dann tatsächlich ausgewählt. Mittlerweile unterrichte ich wieder an der Grundschule und diese Arbeit bereitet mir jeden Tag viel Freude und Abwechslung.

Teneriffa

wanderspuren: Und wie würdest du rückblickend diese Zeit bewerten? Was konntet ihr für euch persönlich lernen und erfahren? Nachahmung ausdrücklich empfohlen?

Michael: Fast jeder glaubt zwar, dass ein Jahr auf Teneriffa nur Positives bietet und dem Traum vom Auswandern nahe kommt. Natürlich bietet die Insel im Bereich Wandern, Klettern, Bouldern in Verbindung mit Meer und Sonnengarantie fantastische Möglichkeiten, die kaum mehr zu toppen sind. Auch sind die Einwohner wie in unserem Bergdorf Villa de Arico herzlich und gastfreundlich, was man in Deutschland leider meist vergeblich sucht. Wir wurden nicht nur toll aufgenommen, sondern waren im Dorfleben integriert und haben Erfahrungen gesammelt, die unvergesslich waren. Jedoch ist eben nicht alles Gold, was glänzt und jeder, der aussagt, dass Teneriffa das Paradies auf Erden ist, lebt abgeschottet in einer „Kolonie“ oder hat keinen wirklichen Einblick in die Realität. Die hohe Arbeitslosigkeit und das schlechte Sozialsystem führten zu einer ganz anderen Problematik, über welche die meisten Bescheid wissen oder darin sogar involviert sind. Hier sollte die EU-Politik ganz klar anders eingreifen und andere, konsequente Wege gehen. Darauf hingewiesen habe ich entsprechende Stellen bereits. Es bleibt abzuwarten, wie mit den Erkenntnissen umgegangen wird.

wanderspuren: Du bist lizensierter Wanderführer und bietest geführte Touren in deiner Heimat, dem Fichtelgebirge, sowie Wanderurlaub auf Teneriffa an. Welche Personengruppen möchtest du mit deinen Angeboten ansprechen und wie kann man sich organisierte Wanderungen mit dir vorstellen? Entscheidet der Kunde über Route und Länge der Tour, oder sind es festgelegte Wanderangebote, nach einem von dir erstellten Plan?

Michael: Ins Leben gerufen habe ich WAFI, um mit ehemaligen Schülern von mir damals in Kontakt zu bleiben und im Fichtelgebirge mehrere Tage wandernd unterwegs zu sein. Während den Touren sollen die Kids möglichst viele Eindrücke und Erlebnisse sammeln, die sie nachhaltig für die Natur begeistern. Natürlich führe ich auf Anfrage auch Erwachsene oder Familien. Hier richte ich mich nach deren Wünschen und Interessen. Allerdings erfordern die Touren auf Teneriffa schon entsprechende Erfahrungen durch die Teilnehmer. Schließlich sind die durchgeführten Wanderungen mit Laura eben kein Kinderspiel, sondern setzen Kondition, Trittsicherheit und Höhenerfahrung voraus. Ende August wäre die Möglichkeit zur Teilnahme an einer Wanderung auf Teneriffa gegeben, da ein zweiwöchiger Aufenthalt geplant ist. Hier darf gerne bei mir für genauere Informationen angefragt werden (www.wanderungen-und-abenteuer.de).

Faszination Klettern

wanderspuren: Aus deiner langjährigen Erfahrung als Vater und Lehrer – wie schwer ist es heute Kinder und junge Menschen für das Erlebnis „Wandern“ zu begeistern? Kann man als Eltern positiv auf seine Kinder einwirken, ohne immer mit der Bestechungskeule herumschwingen zu müssen, nach dem Motto: Wenn, dann….. ?

Michael: Als Eltern kann man immer auf seine Kinder einwirken und hat wesentlichen Einfluss darauf, wie sie sich entwickeln werden und ob man ihnen eine gewisse Begeisterung für aktives Leben und Natur vermitteln kann. Es sollte nicht künstlich gesteuert sein, sondern quasi nebenbei passieren. Kinder und junge Menschen für das Wandern zu begeistern, ist nicht schwer. Wichtig ist dabei, wie man vorgeht und welche Erlebnisse die Kids beeindrucken. Das kann das Waten in einem kalten Fluss sein, der Ausblick von einem Gipfel oder das Klettern über Steinblöcke. Abwechslung mit einem gewissen Schuss Abenteuer bietet meines Erachtens mehr als die heutzutage angebotene „Erlebnispädagogik“. Daher sehe ich diese Entwicklung kritisch. Wieso gehe ich beispielsweise in den Wald und baue dort Stationen auf, wenn diese bei entsprechender Planung und vorheriger Begutachtung der Örtlichkeiten natürlich gegeben sind?

wanderspuren: Wie muss eine Wanderung gestaltet werden, damit auch kleine Kinder ihren Spaß haben und keine Langeweile aufkommt?

Michael: Diese Frage wurde vorhin bereits beantwortet. Ergänzend sei noch erwähnt, dass die Streckenlänge an das Alter und Leistungsvermögen angepasst sein muss. Weniger ist oft mehr.

Und wie steht es mit den Jugendlichen – sind diese schwerer zu kriegen, oder hast du für verzweifelte Eltern den ultimativen Tipp bei lauffaulen oder hartnäckig fußkranken Teenagern?

Michael: Hier ist das eigene Freizeitverhalten entscheidend. Auch Jugendliche erkennen, ob es die Eltern ernst meinen, vielleicht ihre eigene Freizeit anders gestalten wollen oder ob es nur ein kurzer, halbherziger Versuch ist, der zu keinem positiven Ergebnis führen wird. Als ich an der Berufsschule mit meinen Schülern eines Tages an einer Klimmzugstange mehr Klimmzüge als der beste Sportler machte, merkte man einen gewissen „Respekt“ und Anerkennung der jungen Männer. Genau so gilt es eben auch im Bereich Wandern und Natur: Die Jugendlichen begeistern oder eben mit etwas beeindrucken. Ich liebe Sonnenaufgänge oder genauer gesagt den Übergang von Nacht zum Tag. Egal wo, finde ich den einsetzenden Tageseinbruch immer aufs Neue beeindruckend.

wanderspuren: Klettern und Bouldern sind weitere Themenschwerpunkte deiner Internetseite. Kannst du einem Laien – wie mir – einmal den Unterschied zwischen den beiden Sportarten erklären?

Michael: Klettern findet mit entsprechender Ausrüstung und Seil statt und Bouldern ist das Klettern an Felsblöcken ohne Seil oder Sicherung.

Laura beim Bouldern

wanderspuren: Deine Tochter klettert ja schon seit vielen Jahren – und das, wie man lesen kann, mit großer Begeisterung und Erfolg. Was glaubst du ab welchem Alter der Einstieg in diese Sportart für ein Kind am besten ist?

Michael: Da man nie für eine Sportart zu alt ist, ist man eigentlich auch nie zu jung dafür. Wir waren bereits mit einer Dreijährigen auf Teneriffa klettern und die süße Maus bewegte sich gerne am Fels.

wanderspuren: Zurück zum Wandern. Was müssen deiner Meinung nach Familien mit kleinen Kindern, die noch keine großen Strecken zurücklegen können, bei der Tourenplanung beachten?

Michael: Die Länge der Strecke und wie bereits gesagt, abwechslungsreiche und interessante Touren sollten gewählt werden, die den Kids Möglichkeiten zum Klettern, Balancieren, Hüpfen, Schwingen oder sonstigem bietet, was ihnen Spaß macht. Ohne Druck oder Müssen.

wanderspuren: Abgeschlossene Tagestouren oder richtige Streckenwanderungen über mehrere Tage – was ist aus deiner Sicht für welche Familien geeignet und warum?

Michael: Das hängt von den Voraussetzungen ab. Mit Kindern, die es nicht gewohnt sind, längere Strecken zu wandern, macht eine mehrtägige Tour keinen Sinn. Ein steigernder Aufbau ist hier ein wichtiger Faktor. Schließlich sind wie bei uns im Fichtelgebirge die Möglichkeiten für Hüttenübernachtungen entsprechend weit auseinander und die Entfernungen gilt es ja zu Fuß zurückzulegen.

wanderspuren: Eine abschließende Frage noch: Welche deutsche Freizeitregionen kannst du wanderbegeisterten Familien wärmstens empfehlen – oder doch gleich nach Teneriffa?

Michael: Meine Heimat, das Fichtelgebirge, ist eine klare Empfehlung für Wanderer und Familien. Es befindet sich leider (noch immer) in einem Dornröschenschlaf. Dabei bietet es neben fantastischen Wanderwegen zahlreiche, weitere Freizeitmöglichkeiten wie das Klettern oder Bouldern. Schließlich kann man nicht immer nur wandern… Teneriffa würde ich um ehrlich zu sein für Familien nicht empfehlen. Außer die Kids sind bergbegeistert und lange Tagestouren gewohnt. Dann ist Riffa natürlich ganzjährige eine Empfehlung.

Sonnenaufgang im Fichtelgebirge

Mehr über Michael Feigel, seiner Tochter und das Projekt WAFI erfahrt ihr unter www.wanderungen-und-abenteuer.de

Vielen Dank an dich, Michael, für den interessanten Einblick in dein Wanderleben und deine  anerkennenswerten Projekte, Kinder für die Natur und das natürlichste der Welt, dem Laufen, zu begeistern.

Über Michael Feigel und seine Tochter:
Aufgrund einer durch die EU geförderten Tätigkeit verbringen Laura (13) und ihr Papa Michael elf Monate auf Teneriffa. Während Laura das Schuljahr am spanischen Institut im Nachbardorf besucht, lehrt Michael arbeitslosen jungen Erwachsenen Deutsch sowie Englisch und plant sinnvolle Freizeitbeschäftigungen. In der eigenen Freizeit leben sie ihre Hobbies Wandern, Klettern und Bouldern voll aus. Dafür gibt es auf Teneriffa die besten Voraussetzungen. Eines Tages wächst der gemeinsame Wunsch, die zehn höchsten Gipfel der Insel zu besteigen. Ihre beeindruckenden Erlebnisse während der Wanderungen schildern sie in diesem etwas anderen Tourenbericht. http://www.wanderungen-und-abenteuer.de/teneriffa/wanderfuehrer

 

Alle Bilder dieses Interviews unterliegen dem Copyright von Michael Feigel.

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