Die Wüste South Australias und New South Wales

Wir zählen schon lange keine Reisetage mehr. Die Zeit in der Wüste hat das Stadium der Unendlichkeit angenommen. Jeder neue Tag ist voller Ruhe und Gleichförmigkeit, ein endloses Schleichen von Zeit in einem sich immerwährend verändernden Raum. Wir gleiten in eine Reisephase, die uns zu uns selbst führt und die biologischen Gesetzmäßigkeiten von Zeit und Raum zueinander komplett auf den Kopf stellt. Ist heute Sonntag oder Freitag? Haben wir noch November oder schon Dezember? Wir wissen es einfach nicht. Das ganz selbstverständliche Zeitgefühl hat uns verlassen. Dieser wohlig wirre Zustand ist sehr befreiend und befriedigend, weil er das momentane Dasein als unendlich erscheinen lässt. Leider wissen wir aber auch, dass selbst dieser Reiseabschnitt ein Ende haben muss. Dies wird uns schmerzlich bewusst, als wir Adelaide wieder erreichen und uns auf den Weg zurück nach Sydney begeben müssen. Bald werden wir zu unserer letzten Reiseetappe aufbrechen. Das liebgewonnene Australien ist also doch endlich.

Der Zeit geraubte Wüste

Abermals über das Barossa Valley führt uns der Highway A 34 nach Osten. Vorbei an unendlich erscheinenden Weinplantagen steuern wir als Zwischenstopp, die in der Wüste gelegene Kleinstadt, Broken Hill an. Der verheißungsvolle Werbeslogan: „Broken Hill – the accessible outback“, ist zwar geografisch gesehen durchaus korrekt, verheißt aber mehr, als die kleine vergessene Bergbaugemeinde im Niemandsland tatsächlich verspricht. Auf uns wirkt diese Stadt vergessen und verloren in der sengenden Hitze des Tages. Sie ist kein Ort an dem man sich als Tourist länger aufhält.

Broken Hill

Normalität in Broken Hill

Wir werden dennoch zwei Tage hier bleiben. Die riesigen Entfernungen und langen Fahrtage durch die Wüste fordern unsere Kinder schon sehr, weshalb wir immer wieder ein oder zwei Ruhetage zwischen den endlosen Etappen einplanen. Wir haben in Broken Hill nichts weiter vor, weshalb uns das karge Touristenangebot nicht stört. Es geht uns vielmehr darum zur Ruhe zu kommen, und dafür ist man in Broken Hill vollkommen richtig. Am ersten Tag entspannen wir im örtlichen Hallenbad. Ja, richtig gelesen, ein Hallenbad in der Wüste. Was für verrückte Australier! Was gibt es sonst noch touristisch über Broken Hill zu berichten? Hm, es gibt einen schönen zentralen Spielplatz und einen Aussichtspunkt mit Rundblick über die Stadt und die Bergbauanlagen. Der große Boom des Bergbaus ist schon lange vorbei, doch noch heute wird in der Stadt und Umgebung das Blei-Silber-Zink-Sulfid industriell abgebaut. Gesund ist das für die hiesige Bevölkerung nicht. Die Bleistaubbelastung ist trotz Sanierungsmaßnahmen immer noch sehr hoch und gerade Kleinkinder leiden darunter.

Ruhebank für Riesen am Aussichtspunkt über Broken Hill.

Am Abend fahren wir wieder einmal in die Wüste. Wo sollten wir hier auch sonst hinfahren! Nicht weit von Broken Hill entfernt liegen kleine Sanddünen, die wir im Abendlicht  fotografieren möchten. Dieser scheinbar unspektakuläre Ausflug wird für uns zu einem außergewöhnlichen und wundervollen Erlebnis, an das wir bis heute noch gerne zurückdenken (nachzulesen in meinem Reisehandbuch „Mit Kindern die Welt entdecken“).

Straße in Broken Hill

Sanddünen bei Broken Hill

Sandkasten in Übergröße

Unsere Kinder haben wie immer ihren Spaß und lassen uns die Freiheit in Ruhe fotografieren und genießen zu können.

Am nächsten Tag besuchen wir die wohl einzige nennenswerte Touristenattraktion Broken Hills, die Geisterstadt Silverton, 25 Kilometer nordwestlich von Broken Hill gelegen. Wie der Name schon vermuten lässt, wurde dort früher nach Silber gegraben. Wahrscheinlich war die Ausbeute nicht sehr üppig. Jedenfalls verließen bis Anfang des zwanzigsten Jahrhunderts fast alle Bewohner die kleine Siedlung in der Wüste. Heute wird Silverton als Touristenziel erhalten, mit mäßig interessanten Sehenswürdigkeiten. Da es hier in dieser Einöde aber nichts anderes zu sehen gibt, verbringen wir den Vormittag in Silverton.

Die Geisterstadt Silverton

Australische Nostalgie

Silverton Museum

Neben dem kleinen Silverton Gaol Museum, in dem es hauptsächlich um das frühere Gefängnis und den Silberabbau durch Strafgefangene geht,  gibt es ein paar schöne antiquierte „Schlitten“ vor dem Silverton Hotel zu bewundern. Unter anderem der berühmte „Pursuit Special“, ein umgebautes Ford Falcon XB GT Coupé V8 (Baujahr 1973) aus den australischen Kinofilmen Mad Max und Mad Max II mit Mel Gibson, die in den 80er Jahren zu einem großen Teil hier in der Wüste gedreht wurden.

Der Mad Max Schlitten

Zur Freude der Kinder gibt es in Silverton einen etwas irren Typen, der kleine Kameltouren anbietet. Eine willkommene Abwechslung in der für Touristen kargen Angebotslandschaft Wüste.

Hoch zu "Ross" oder besser gesagt Kamel.

Am nächsten Tag setzen wir unsere Reise Richtung Osten fort. Ein langer Weg steht uns bis Sydney noch bevor.

Straßenschild an der A 32 in New South Wales

Auf halber Strecke übernachten wir noch einmal auf einem Campingplatz mitten in der Wüste. Bei unserer Ankunft werden wir gleich darauf hingewiesen, dass der Platz ganz besondere Stammgäste beherbergt. Gleich am nächsten Morgen lernen wir beim Frühstücken einen dieser Stammgäste persönlich kennen.

Begegnung mit einem zahmen Emu.

Ohne sich vorzustellen schaut das neugierige Emu ungeniert nach, was es bei uns so zu Essen gibt. Unsere Tochter ist ein wenig verunsichert und flüchtet auf meinen Schoß. Wahrscheinlich spricht das Essensangebot das vorwitzige Emu nicht an, weil es sehr schnell zum nächsten Camper weiterzieht.

Unterwegs sehen unsere Kinder zum ersten Mal Orangenbäume auf einer Plantage mitten in der Wüste. Wir durchqueren die nächsten Städte und Siedlungen ohne zu verweilen. Wir wollen es nun schnell hinter uns bringen. Die Wüste beginnt uns zu deprimieren. Leider verpassen wir deshalb eine Touristenattraktion, die direkt auf unserem Weg liegt. Das größte Freigehege Australiens, der Western Plains Zoo in Dubbo. Mehr als eintausend Tiere kann man auf einer Fläche von 300 ha bewundern. Neben einheimischen Tieren leben hier auch afrikanische und asiatische Tierarten, wie beispielsweise Bengalische und Weiße Tiger. Ein gutes Fernglas sollte man für einen Besuch des Western Plains Zoos auf jeden Fall besitzen.

Orangenbäume in der australischen Wüste.

Wüste, Wüste, und nochmals Wüste. Der Blick aus dem Fenster verliert sich in der Unendlichkeit. Stunde um Stunde zieht die karge Landschaft in einer schwermütigen Gleichförmigkeit an einem vorbei, bis der Blick trübe und ausdruckslos leer wird. Gibt es eigentlich auch einen Wüstenkoller, wenn es schon den Inselkoller gibt? Wann werden wir endlich Sydney erreichen?

Straße in die Unendlichkeit.

 Irgendwann wird es ganz langsam aber merklich grüner. Die Landschaft nimmt an Vielfältigkeit und Farben zu. Wir sehen Bäume, Sträucher und spüren unter unseren Füßen frisches und feuchtes Gras am frühen Morgen. Diese Entdeckung lässt mein Herz höher schlagen. Schon seit vielen, vielen Wochen haben wir keinerlei Morgentau mehr spüren können. Wir haben das östliche Ende der Wüste erreicht. Mit einem längeren Stopp in den Blue Moutains erreichen wir nach drei Wochen seit unserem Start in Adelaide endlich wieder Sydney.

 Sydney

Für einen Rückblick und Wehmut bleibt uns nicht mehr viel Zeit. Die nächste Reiseetappe und neue Abenteuer auf dieser Langzeitreise warten schon auf uns. Australien ist für uns jetzt Geschichte. Unsere Geschichte, die das Leben in zarten Lettern unauslöschlich in unseren Seelen verewigt. Lange werden wir noch brauchen, bis wir diese Geschichte in uns lesen können, aber sie wird gewiss immer bei uns bleiben.

Abschied von Australien.

Australien von oben.

Faszinierende Formen unserer Erde.

Jedes Ende ist nur ein neuer Anfang.

Einen ausführlichen Reisebericht über Australien mit einem Resümee findet ihr in meinem Reisehandbuch »Mit Kindern die Welt entdecken«. Zum Buch →

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