Unsere erste Radtour mit Baby durch Franken – aus Sachsen wird Franken oder die zwangsweise Änderung der Tour

Paul schlafend im Anhänger
Paul schlafend im Anhänger

Unser Baby hat heute Nacht nicht sehr gut geschlafen. Der gestrige Tag war einfach zu viel für ihn gewesen. Uns muss klar werden, dass wir nicht mehr alleine unterwegs sind und deshalb unsere Etappen etwas kürzer auslegen müssen. Mehr als fünfzig Kilometer sind kaum zu schaffen oder nur dann, wenn die Strecke es zulässt. Die ganze Nacht regnet es und hört bis zum Morgen auch nicht auf. Wir befürchten, dass unser Anhänger bei diesem starken Regen schnell mit Wasser vollläuft, sodass wir beschließen, das Baby und mich vom Vater meines Freundes abholen zu lassen. Dieser lebt in Bayreuth, unser nächstes Etappenziel. Mein Freund bewältigt die Strecke mit Anhängergefährt alleine und stellt dabei fest, dass unsere Entscheidung richtig war. Den darauffolgenden Tag  verbringen wir im warmen Haus und beobachten den vom Wind aufgepeitschten Regen, der nicht mehr enden möchte. Am nächsten Morgen regnet es immer noch ohne Unterlass. Wir sitzen gelangweilt am Fernseher und sehen wie die Flüsse in weiten Teilen Sachsens ansteigen. Mit jeder Stunde Berichterstattung aus den sogenannten „Katastrophengebieten“ wird uns klarer, dass wir uns eine Weiterreise nach Sachsen abschminken können. Erst viel später wird uns bewusst, dass wir einer Jahrhundertflut entkommen sind. Um uns über die Lage in den Hochwassergebieten zu informieren, telefonieren wir mit der Touristeninformation in Dresden. Die nette Dame rät uns dringend von einer Reise nach Sachsen ab (auch wenn sie das eigentlich nicht darf). Weite Teile der Radwege führen an den hochwasserführenden Flüssen entlang. Wir können es drehen und wenden wie wir wollen. Am Hochwasser würden wir nicht vorbei kommen. Also setzen wir uns an den Tisch und grübeln über einer komplett neuen Routenplanung. Schließlich entscheiden wir uns für eine Rundtour durch die fränkischen „Abruzzen“.  So ziehen wir am darauffolgenden Mittag auf dem Fränkische Schweiz Radweg gen Süden weiter.

Auf dem Radweg Fränkische Schweiz

Der nächste Campingplatz liegt in Waischenfeld, mitten in der Fränkischen Schweiz. Die Strecke im Wiesenttal entlang des gleichnamigen Flusses ist wirklich sehr schön. Leider gibt es hier keinen Radweg, sodass wir mit der Bundesstraße vorlieb nehmen müssen. Auch wenn mir wegen der vielen Motorradfahrer etwas mulmig ist, so ist der Autoverkehr gering und die Fahrer sind sehr umsichtig. Es scheint wirklich so zu sein, dass die Autofahrer beim Anblick eines Kinderanhängers automatisch vom Gas gehen und in gebührendem Abstand vorbeifahren. Diese Erfahrung konnten wir übrigens auf unserer ganzen Reise machen.

Die heutige Etappe ist mit zweiundvierzig Kilometer recht kurz. Wir lassen uns daher viel Zeit und genießen die Landschaft. Das Wetter meint es wieder einmal gut mit uns. Die Sonne scheint zwar nicht, dafür müssen wir aber auch nicht schwitzen, und der Regen tobt sich gerade in Sachsen aus. Am frühen Abend erreichen wir gut gelaunt den Campingplatz in Waischenfeld.

Auf dem Fahrradweg Richtung Erlangen
Auf dem Fahrradweg Richtung Erlangen

Unser Baby hat heute Nacht wieder sehr gut geschlafen. Heute kommen wir etwas früher los. Langsam sind wir als Team aufeinander eingestellt, was unheimlich viel Zeit spart. Die Straße entlang der »Wiesent« ist wunderschön. Kanufahrer tummeln sich auf dem Fluss, der dafür wie geschaffen scheint. Wir orientieren uns immer am Wasser und merken erst nach zwanzig Kilometern, dass wir einen satten Umweg gefahren sind. Macht nichts, dafür war die Strecke sehr schön und wir sind gut vorangekommen. Es ist Pausenzeit,  da unser Prinz aufgewacht ist. Auch zeitlich sind wir drei mittlerweile gut organisiert. Der Kleine gibt den Ton an und wir folgen einfach seinen Weisungen.

Ein Baby im Anhänger bei Laune halten – es geht!

Das letzte Stück bis Erlangen führt über den Rhein-Main-Donau-Kanal. Hier lässt es sich trotz Schotter wunderbar fahren. Nur die Sonne brennt mittlerweile erbarmungslos vom wolkenlosen Himmel. Mit einem nassen Handtuch, das wir über das Dach der Babyschale legen, senken wir die Temperatur im Anhänger. Diese Methode funktioniert sehr gut  und ist sinnvoller, als den Anhänger komplett zu öffnen und das Baby so dem Fahrtwind auszusetzen. Wir haben die Babyschale fast auf der gesamten Tour so in den Anhänger gestellt, dass das Baby nach hinten schauen kann. Zum einen ist es damit nicht dem Fahrtwind ausgesetzt, es ist zusätzlich vor Dreck und Steinen geschützt und kann nach hinten interessantere Dinge sehen, als den Allerwertesten des Zugesels. So hält es unser Baby erstaunlich lange aus und schläft fast den ganzen Nachmittag. Irgendwann wacht er aber doch auf und verlangt lautstark eine Änderung seiner Sitzposition. Wir befinden uns auf den letzten Kilometern vor dem Campingplatz. Bis dorthin muss es unser Baby leider noch aushalten. Hinter dem Anhänger herfahrend, versuche ich unser Baby auf den letzten Metern bei Laune zu halten, was mir erstaunlich gut gelingt.

Nach dem Duschen und Abendessen stimmen wir unser Baby mit einem kleinen Spaziergang auf die Nacht ein. Doch auch wir können die körperliche Abwechslung gut gebrauchen. Wir sind heute ziemlich schlapp, haben wir doch wieder einmal mehr Kilometer zurückgelegt, als wir uns vorgenommen hatten.

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